Ted Grant

Umfassender Krieg um die Falklands (Mai 1982)

 

Übersetzung Wolfram Klein


Die Versenkung der General Belgrano und HMS Sheffield nach größeren See- und Luftgefechten bezeichnen eine entscheidende neue Stufe in der Entwicklung des Krieges um die Falklands.

Der Konflikt hat bisher auf See und in der Luft stattgefunden, aber dies ist zweifellos eine Vorbereitung für eine britische Invasion der Falklands.

Argentinien und Britannien haben die Frage des Krieges beim Generalsekretär der Vereinten Nationen aufgeworfen, aber dies sind nur Manöver, bei denen jede Seite versucht, die Verantwortung für den Konflikt der anderen aufzuladen. Aber zusätzlich gab es Druck der Labour-Führer auf die Thatcher-Regierung, ihren Fall für eine „friedliche, verhandelte“ Lösung vor die Vereinten Nationen zu bringen.

Die Vereinten Nationen sind unfähig, diesen blutigen Konflikt zu lösen. Der iranisch-irakische Krieg läuft seit mehr als 18 Monaten mit dem Abschlachten von Zig- oder Hunderttausenden.

Während der letzten drei Jahrzehnte seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gab es nur 17 Tage Frieden. 40 Millionen Tote sind ein grässliches Denkmal für die Ohnmacht der Vereinten Nationen bei der Lösung grundlegender Probleme.

Die Vereinten Nationen werden nur zweitrangige Probleme lösen, bei denen die führenden Mächte nicht beteiligt sind, wo es Übereinstimmung unter den Mitgliedern des Sicherheitsrats geben kann, besonders der mächtigen Mitglieder Frankreich, Britannien, China und der Supermächte UdSSR und USA, die alle ein Vetorecht haben. Wenn eines der fünf Mächte mit Vetorecht nicht zustimmt, sind die Vereinten Nationen gelähmt. Im Konflikt haben bisher China und Russland einmütig Argentinien unterstützt, Frankreich und die USA haben Britannien unterstützt.

Der Versuch des Generalsekretärs, einen Kompromiss zu finden, wurde schon von Argentinien zurückgewiesen. Die Junta ergriff aus Furcht vor der Revolution militärische Maßnahmen, um in den Besitz der Falklands zu kommen.

Junta ermordete Tausende

Abzug der Truppen ohne „Souveränität“, das heißt garantierte Kontrolle über die Falklands, würde einen Aufruhr bedeuten. Massendemonstrationen würden die Junta binnen Stunden nach so einem Nachgeben stürzen.

Die Junta kalkulierte die Reaktion der britischen Kapitalisten auf die Invasion falsch, aber sie sehen keine Alternative zum Kampf mit einer dürftigen Siegeshoffnung. Sie scheinen bereit zu sein, Luftwaffe, Marine und Armee in einem verzweifelten Krieg zu riskieren.

Sie sorgen sich nicht im mindesten um die Leben und Bedingungen der Wehrpflichtigen aus der Arbeiterklasse. Schließlich hat die Junta Zigtausende ArbeiterInnen ermordet und ebenso viele in Konzentrationslager gesperrt, um die Herrschaft des Agrar- und Industriekapitals in Argentinien zu verteidigen.

Die ArbeiterInnen und Soldaten sind Bauernopfer im Interesse des argentinischen Großkapitals, zu dessen Verteidigung die Diktatur errichtet wurde. Sie haben die ArbeiterInnen unerträglich ausgequetscht und Argentinien an den Abgrund von Massenarbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise und galoppierender Inflation gebracht.

Der Bankrott von Kapitalismus und Militärherrschaft brachte Argentinien an den Rand der Revolution. Die Junta zieht einen verzweifelten Krieg mit auch nur einer geringen Siegeschance einem Nachgeben vor, das das Regime mit Zusammenbruch bedrohen und sogar die Möglichkeit des Endes des Kapitalismus bedeuten würde.

Ohne ihre Tünche der Ansprüche von „Ehre und Souveränität“ stehen die nackten Interessen von Macht, Privilegien, Profit und Prestige als die wirklichen Ziele der Junta da. Deshalb haben die argentinische, britische und internationale Arbeiterklasse nichts von einem argentinischen Sieg zu gewinnen.

Die meisten lateinamerikanischen Ländern unterstützen in dem einen oder anderen Grade Argentinien mit „lateinamerikanischer Solidarität“. Gleichzeitig haben die EG, die Commonwealth-Länder, Japan und die Vereinigten Staaten Britannien unterstützt, wegen dem Nato-Vertrag und der allgemeinen innerimperialistischen Solidarität.

Die imperialistischen Hauptmächte beuten die Wirtschaften der exkolonialen Länder gemeinsam aus und möchten wegen dieser Frage nicht die gemeinsame Front mit dem britischen Kapitalismus sprengen und haben daher alle irgendwelche Maßnahmen von Wirtschaftsboykott gegen Argentinien ergriffen. Sie grummeln aber hinter den Kulissen und denken an ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen.

Die Eskalation des See- und Luftkonflikts stellt eine neue und blutigere Stufe im Krieg dar und kann die Frage sein, die von den kapitalistischen Hauptmächten genutzt wird, um sich diplomatisch von Britannien zu distanzieren, obwohl ein ernsthafter Konflikt im Losschicken der Flotte, die sie unterstützt haben, immer angelegt war.

Pym, Thatcher und die anderen Tory-Minister erklären fromm, dass „Demokratie“, „Freiheit“, „Ehre“ und „argentinische Aggression“ die Gründe für ihre Haltung seien. Sie haben eine mächtige Eingreiftruppe zusammengezogen, die mit aller modernsten Technologie, ausgefeiltem Material für See-, Luft- und Landstreitkräfte ausgestattet ist.

Wie Argentinien manövrieren sie in den Vereinten Nationen, um die Verantwortung für den Krieg ihrem Gegner zuzuschieben. Es scheint, dass eine regelrechte blutige Schlacht auf den Falklandinseln unausweichlich ist. In Wirklichkeit hat sie schon begonnen.

Die Heuchelei und der widerliche Dünkel der herrschenden Klasse bei ihrem Reden von „Ehre“ und „Freiheit“ ist zum Erbrechen. Sie interessieren sich zu Hause und im Ausland für ihre Macht, Privilegien, Prestige und vor allem ihre Profite. Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln und Diplomatie ist die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln.

Sie interessieren sich für die BewohnerInnen der Falklandinseln nicht mehr als sie sich für die Gesundheit, das Wohlergehen und die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse zu Hause interessieren. Wofür sie sich wirklich interessieren, ist ihr Prestige und ein großer Teil der potenziellen Profite aus dem Öl, den Fischen und mineralischen Rohstoffen aus der Falklandregion.

Sie führen zu Hause Krieg gegen die Arbeiterklasse, indem sie ihr mit dem Tebbit-Gesetz viele ihrer gewerkschaftlichen Rechte wegnehmen. Sie haben den mageren Lebensstandard der Arbeitslosen gesenkt und führen Krieg gegen die Arbeiterklasse, indem sie ihren Lebensstandard senken.

Sie regieren gleichgültig über drei Millionen offiziell Arbeitlose und die schlimmste Wirtschaftskrise seit fünfzig Jahren. Sie sind nicht bereit, gegen diese Sachen Krieg zu führen. Ihre Interessen sind nicht die der ArbeiterInnen oder der Soldaten und Matrosen, die sie als Bauernopfer für die Steigerung ihrer Macht, Privilegien, Profite und Prestige betrachten.

Sie sind in einen unnötigen Krieg gestolpert. Noch vor wegen Wochen hatten sie zärtliche Hochachtung für die Junta, die „Recht und Ordnung“ in Argentinien wiederherstellte. Sie haben keine wirklichen Interessen an den FalkländerInnen oder den argentinischen, britischen oder irgendwelchen anderen ArbeiterInnen.

Sie führen Krieg im Interesse ihrer Klasse. Krieg sollte gegen die Arbeitslosigkeit, schlechte Wohnungen, schlechte Lebensbedingungen, schlechte Löhne geführt werden, aber zu diesem Krieg sind sie wegen den wirtschaftlichen Interessen ihrer Klasse nicht fähig.

In Wirklichkeit interessiert sich die herrschende Klasse überhaupt nicht für einen Krieg gegen Diktatur und Faschismus. Sie stützen zahlreiche ähnliche Regime in Asien, Afrika und Lateinamerika und sie würden genauso leicht Galtieri oder einen anderen Diktator in Argentinien stützen. Sie würden den Fall der Galtieri-Junta nur als bedauerliche Folge der Verteidigung ihrer eigenen Interessen betrachten. ArbeiterInnen können nie der Innen- oder Außenpolitik der Vertreter des Großkapitals trauen.

Die Tories sind bereit, im kollektiven Interesse der Kapitalistenklasse Schiffe und andere Hilfsmittel zu beschlagnahmen, wobei natürlich ihren Eigentümern satte Profite garantiert werden. In Friedenszeiten sehen sie mit Gleichmut auf das Leiden der Jugend, der Männer, Frauen und Kinder auf dem Arbeitsamt und mit niedrigen Löhne - alles zur Verteidigung ihres Wirtschaftssystems.

Wie kann man jemals den Tories die Vertretung von Arbeiterinteressen in Argentinien, den Falklands oder Britannien in Frieden oder Krieg anvertrauen? Die Arbeiterklasse hat keine anderen Interessen als die ArbeiterInnen in Britannien, Argentinien und anderswo.

Die Labour-Führer haben in der Praxis in der Frage des Krieges mit Argentinien in einer halben Koalition mit der Thatcher-Regierung gearbeitet. Diese Klassenkollaboration muss beendet und mit den Themen der Innen- und Außenpolitik für Neuwahlen gekämpft werden.

Wenn klare sozialistische Politik vertreten würde, könnte die Regierung gestürzt und eine Labour-Regierung an die Macht gebracht werden, die sozialistischer Politik verpflichtet ist. Eine sozialistischer Politik verpflichtete Labour-Regierung wäre der größte Schlag für die argentinischen Junta.

Sie könnten an die argentinischen ArbeiterInnen und Soldaten appellieren, die Junta zu stürzen und eine sozialistische Föderation mit den FalkländerInnen zu errichten, mit voller Autonomie für diese. Eine sozialistische Föderation aus Britannien, Argentinien und den Falklands könnte dann den Völkern beider Länder ungeheure Vorteile bringen.

Im Krieg gegen Arbeitslosigkeit und Armut und während dem gegenwärtigen Krieg im Südatlantik muss das Hauptthema der Labourpolitik sein: „Kein Vertrauen in die Tory-Regierung! Bringt Labour zurück an die Macht auf der Grundlage eines sozialistischen Programms.“