Was tun nach der Privatisierung?

 

 

In ein paar Tagen wird alles vorbei und der Staat aus der Voest herausgegangen sein. Scharingers Banken und Versicherungen werden dann zwölf bis 15 Prozent der Voest-Aktien halten, und die Belegschaft wird dank Bawag und Raiffeisen über zehn Prozent verfügen. Eine neue sozialpartnerschaftliche Achse zwischen Scharinger und Co und der Voest-Belegschaft, die zusammen „25 Prozent plus eine Aktie“ repräsentieren könnten, zeichnet sich am Horizont ab. Kann damit vielleicht die ärgste Bedrohung für die Voest-Belegschaft abgewendet werden? Haben sich die vielen Mühen der letzten Tage und Wochen doch noch ausgezahlt?

Die Voest-Belegschaft und deren Betriebsräte haben auf einen Kampf gegen die Privatisierung verzichtet. Immer wieder ist an die herrschende Politik appelliert, um deren Verständnis geworben und auf deren Einsicht gehofft worden, obwohl wir alle gewusst haben, dass hier vor allem eine „ideologische Schlacht“ geschlagen wird. Keine noch so rationellen Argumente haben eine Bedeutung, wenn es darum geht ein gewachsenes Machtverhältnis zu zerschlagen. Und genau darum ging und geht es doch bei dieser Privatisierungsgeschichte.

Die Voest ist noch immer eine der mächtigsten Bastionen der Gewerkschaftsbewegung in Österreich. Die Voest-Betriebsräte verfügen über einen großen Einfluss und können mit diesem Einfluss das Geschehen in der Voest kontrollieren und lenken. Und dies geht nur deshalb, weil die Belegschaft geschlossen hinter diesen Betriebsräten steht und deren innerbetriebliche Macht absichert. Dies ist dem bürgerlichen Lager und dem Kapital (auch denen in den Chefetagen der Banken und Versicherungen – den Scharingers und Co) ein gewaltiger Dorn im Auge. Mit der Privatisierung soll hier eine Weichenstellung erfolgen, eine neue Tatsache auf der Eigentümerstruktur geschaffen werden, die den Angriff auf die Macht der Gewerkschaft, Betriebsräte und Belegschaft erleichtern soll.

Die Aufgabe im Kampf gegen die Privatisierung wäre gewesen diese unsere Macht ins Spiel zu bringen, die Belegschaft zu mobilisieren und zur beherrschenden Kraft innerhalb der Voest zu machen. Stattdessen ist eigentlich genau das Gegenteil davon gemacht worden. Man hat appelliert und gebettelt. Man hat jene, die die Voest und die Rechte der Belegschaft angreifen, versucht mit „Sanftmut und Milde“ zu überzeugen, dies doch nicht zu tun. Und jene wurden von dieser törichten Haltung nur ermuntert ihre Angriffe noch zu verstärken.

Scharinger und Co forcieren doch ihre oberösterreichische Lösung nur deshalb, weil mit der Voest gewaltige Gewinne zu machen sind. Doch um im internationalen Konkurrenzkampf weiter bestehen zu können muss forsch weiter rationalisiert werden, muss mehr und immer mehr aus dem einzelnen Voestler herausgepresst werden damit der Gewinn stimmt - denn sonst werden die Scharingers und Co ziemlich schnell den Appetit an der Voest verlieren!

Wenn die Belegschaft mit Scharinger und Co sich an die „25 Prozent plus 1 Aktie“ bindet, dann wird sie gezwungen sein die zukünftigen Verschlechterungen mit zu tragen, dann wird von ihren Rechten nicht mehr viel übrig bleiben, weil diese den Rationalisierungen im Wege stehen. Es ist leider ein weit verbreiteter Glaube, dass Rationalisierungen notwendig sind um Arbeitsplätze zu sichern. Aber in der so genannten „freien Marktwirtschaft“ ist genau das Gegenteil der Fall. Rationalisierungen vernichten massenhaft Arbeitsplätze, die Belegschaften werden immer kleiner, das Heer der Arbeitslosen immer größer. Die KollegInnen, die noch arbeiten dürfen, müssen dies unter schlechteren Bedingungen machen (verlängerter Arbeitstag, erhöhte Arbeitshetze, Lohnkürzungen usw.) Die Voestler kennen dieses Spiel ja ohnehin recht gut.

Umso dringender ist es, aus diesem Teufelkreis auszubrechen. Scharinger und Co sind keine wirklichen Partner, die die Voest retten wollen. Sie wollen sie nur melken! Die Voestler müssen auf ihre eigene Kraft vertrauen. Kein Arbeitsplatz darf im Laufe der Privatisierung und der zu erwartenden Rationalisierungen vernichtet werden. Jede Steigerung der Arbeitsintensität muss abgelehnt, keine finanziellen Verschlechterungen hingenommen werden.

Wie das möglich sein soll? Sie, die Bürgerlichen, die Bankiers und Kapitalisten wollen die Voest melken. Das können sie nur, wenn sie die Macht der Belegschaft zerschlagen. Es geht also in der nächsten Runde darum, die Gewerkschaften und die Macht der Betriebsräte und der Belegschaft zu verteidigen. Das geht nur, indem diese Macht auch wirkungsvoll eingesetzt wird! Den neuen Eigentümern muss gezeigt werden, wer der Herr im Hause Voest ist – und das soll und muss die Belegschaft und deren Betriebsräte sein. Dazu ist es notwendig, dass die Betriebsräte und die Belegschaft enger zusammen arbeiten. In regelmäßigen Betriebsversammlungen muss über die Entwicklung der Voest, müssen die zu erwartenden Angriffe auf die Belegschaft diskutiert werden und Abwehrmaßnahmen beschlossen und ergriffen werden. Das Management darf keinen Schritt machen, ohne dass ihm dabei von der Belegschaft und den Betriebsräten auf die Finger geschaut wird!

Wenn die Voestler diesen Weg einschlagen sollten, dann kommt eine heiße Zeit auf uns alle zu. Das bürgerliche Lager wird schreien, dass die Abwehrkämpfe der Voestler den Betrieb gefährden werden. Aber das sollte niemanden aus unseren Reihen schrecken. Wenn die Bankiers ihre Felle davonschwimmen sehen, dann werden sie es sein, die die Existenz des Betriebes in Frage stellen werden. Das war immer so, und das wird in Zukunft nicht anders sein. Nun gut – wenn sie es so weit kommen lassen sollten dann ist damit auch der beste Beweis geliefert, dass die Privatisierung ein schwerer Fehler war und schleunigst eine Reverstaatlichung eingeleitet werden muss. Aber diesmal ohne die Fehler der Vergangenheit zu machen, indem die Belegschaft und die Betriebsräte sich die Kontrolle über die gesamte Produktion, über das gesamte Unternehmen erkämpft – in einem Kampf, der schon längst überfällig ist!