Der US-Gewerkschaftsbund AFL-CIO unterstützt konterrevolutionäre
Bestrebungen in Venezuela
Tony Kofoet
Die bolivarische Revolution unter Hugo Chavez ist den USA
ein Dorn im Auge, genauso wie es die Unidad Popular in Chile, die Sandinistas
in Nicaragua oder die fortschrittliche Regierung Maurice Bishops auf Grenada
waren. Mit allen Mitteln versuchen die US-Imperialisten zu verhindern, dass der
fünftgrößte Erdölexporteur aus ihrer Einflusssphäre verschwindet. Eine dieser
Maßnahmen ist die Destabilisierung des Landes, in der die demokratisch gewählte
Regierung erhebliche Fortschritte bei der Bekämpfung der Armut gemacht, eine
bedeutsame Landreform durchgeführt und die politischen Institutionen
demokratisiert hat.
Die National Endowment for Democracy (Nationale Stiftung für
Demokratie /NED), die 1983 von der Reagan-Administration ins Leben gerufen
wurde, hat das Ziel die Arbeit, die früher vom CIA verrichtet wurde, mehr oder
wenig öffentlich fortzuführen. In der Gründungsphase war der ehemalige
US-Außenminister Henry Kissinger, der sich besonders in der Schmierenkampagne
gegen Salvador Allende in Chile hervortat, NED-Direktor. Die NED wird vom
US-Außenministerium finanziert, operiert aber unabhängig und entzieht sich
damit jeglicher parlamentarischen Kontrolle. Das ermöglicht der US-Regierung,
jede Verantwortung für Aktivitäten der NED abzustreiten und die NED kann
behaupten, sie sei eine Nichtregierungs-Organisation (NGO).
Das Solidarity Center des US-Gewerkschaftsbundes AFL-CIO
(ACILS) ist eine Organisation, die von der NED für ihre Arbeit in Venezuela
beträchtliche Summen erhält, was die New York Times bereits nach dem
missglückten Putsch gegen Hugo Chavez an die Öffentlichkeit brachte. Das
Solidarity Center "erhielt 154.377 Dollar zur Unterstützung der wichtigsten
venezolanischen Gewerkschaft, um die innergewerkschaftliche Demokratie in der
CTV (Gewerkschaft der Venezolanischen Arbeiter) zu entwickeln". Nur
handelt es sich bei der CTV nicht um eine Arbeiterorganisationen, welche die
bolivarische Revolution unterstützt, sondern um eine unternehmerfreundliche
"Gewerkschaft", die bereits in der Zeit vor Chavez für eine
neoliberale Politik auf dem Rücken der Arbeiterklasse eintrat . Die New York
Times beschrieb sie wie folgt: "Die venezolanische Gewerkschaft, die CTV,
führte die Streiks, die der Opposition gegen Mr Chavez Auftrieb gaben, an. Der
Gewerkschaftsführer Carlos Ortega arbeitete eng mit Pedro Carmona Estanga, dem
Geschäftsmann, der kurzzeitig das Regierungsamt von Mr Chavez übernahm (nach
dem missglückten Putsch vom April 2002), um die Regierung
herauszufordern." (NYT, 25. 04.02)
Die Verantwortlichen der AFL-CIO waren über diesen Artikel
nicht besonders glücklich und versuchten in Leserbriefen richtig zu stellen,
dass das Geld ausschließlich für innergewerkschaftliche Zwecke, nicht aber zum
Sturz von Chavez ausgegeben worden sei. Zusätzlich wurde betont, der CTV habe
nichts mit dem Putsch gegen Chavez zu tun gehabt. Dem widerspricht ein Artikel
im Boston Gelobe, in dem es heißt, "die venezolanischen Medien sendeten
ein auf Tonband mitgeschnittenes Telefongespräch zwischen (dem im Exil lebenden
früheren Präsidenten) Perez und Carlos Ortega, dem Präsidenten der CTV, in dem
das Paar gegen Chavez einen Komplott schmiedete." (Boston Globe, 18.08.02)
Seit April 2002 haben sich die sozialen Konflikte
verschärft. Besonders der vom Management der Ölindustrie geführte 63-tägige
Streik, der im Dezember 2002 begann, bei dem die Belegschaften ausgesperrt
wurden und Öl-Sabotage betrieben wurde, hat die venezolanische Wirtschaft
schwer erschüttert. In den ersten drei Monaten des Jahres 2003 fiel das
Bruttoinlandsprodukt um 27%, Geld das der Regierung fehlte, um soziale
Programme zu finanzieren. Um auch bei dieser Aktion war der reaktionäre CTV mit
von der Partie, gemeinsam mit dem Unternehmerverband FEDECAMARAS hatten die
CTV-Führer zur Sabotage der Erdölindustrie aufgerufen.
Als Reaktion auf die konterrevolutionären Aktivitäten der
CTV gründeten venezolanische ArbeiterInnen im April 2003 die Unión Nacional de
Trabajo (UNT) "Zum ersten UNT Kongress kamen 1.300 Delegierte, die 120
Gewerkschaften und 25 regionale Zusammenschlüsse vertraten. Die größte Einheit
- und Leidenschaft - traten in der Prinzipiendebatte auf: 'Für die Verwandlung
der kapitalistischen in eine selbstverwaltete Gesellschaft' , für ein neues
autonomes Entwicklungsmodell, das den Menschen die Emanzipation von
Klassenausbeutung, Unterdrückung, Diskriminierung und Exklusion ermöglicht - so
waren die Slogans(...)." (Michael Lebowitz, marxism-digest v. 08.08.2003).
Die Aktionen des AFL-CIO in Venezuela gehen aber
uneingeschränkt weiter. Im September 2002 erhielt die CTV weitere 116.001
Dollar, um die Arbeit ein weiteres halbes Jahr fortzusetzen, dieser
Subventionszeitraum wurde im März 2003 (also nach Ende der Sabotageaktionen) um
ein zusätzliches Jahr verlängert.
Aber nicht nur über die ACILS versucht die US-Administration
die Destabilisierung des Landes voranzutreiben, so werden mit Geldern des NED
ein Bauernverband unterstützt, der gegen die Landreform ist, ein Lehrerverband,
der sich gegen Reformen im Bildungswesen ausspricht, eine Organisation, die
eine Rebellion im Militär anzuheizen versucht sowie eine
Bürgerrechtsorganisation, die Menschen aus Mittelklasse-Nachbarschaften
mobilisiert, um sich gegen die Armen zu verteidigen.
Wie Kim Scipes in Labor Notes schreibt, zeigen sich
gewerkschaftliche Aktivisten über das Vorgehen ihres Gewerkschaftsverbandes
besorgt. Sie schreibt: "Aber es bleiben drei Fragen, auf die wir vom
ACILS-Generalsekretär Harry Kamberis (von dem vermutet wird, dass er früher für
den CIA gearbeitet hat) und von der AFL-CIO-Führung im allgemeinen Antworten
haben möchten. Erstens, wie sollen diese Versuche, einen demokratisch gewählten
Präsidenten zu stürzen, der aktiv versucht die Bedürfnisse und Sehnsüchte der
ärmsten 80% der Bevölkerung zu befriedigen, dabei behilflich sein, die
Bedürfnisse dieser arbeitenden Menschen zu erfüllen? Zweitens, inwieweit hilft
die Mitarbeit an der Destabilisierung der gewählten Regierung von Venezuela den
Arbeitern und ihren Familien in den USA? Und drittens, wenn derartige Projekte
wie das in Venezuela so gut für die amerikanischen ArbeiterInnen sind, warum
versuchen Sie dann so verzweifelt zu verhindern, dass US-GewerkschafterInnen
erfahren, was sie in diesen Ländern treiben? Warum eigentlich?" (Labor
Notes/ZNet 25.03.04)
Der Britische Labour MP John McDonnell, einer der
Initiatoren des "Hands off Venezuela"-Kampagne in Großbritannien
schrieb im Morning Star: "Das Hauptziel des Bush-Regimes ist die Regierung
von Hugo Chavez in Venezuela." (26.03.04)
Die Linke weltweit "sollte die Revolution gründlich
studieren und den Prozess im eigenen Land vorantreiben. Wichtig ist die
Aufklärung der Öffentlichkeit über die tatsächlichen Verhältnisse in Venezuela
und die Verstrickung der US-Geheimdienste in die konterrevolutionären
Machenschaften, um öffentlichen Druck auf die westlichen Regierungen auszuüben.
Wichtig ist ein direkter Austausch zwischen linken Jugendlichen und
Gewerkschaftern in beiden Ländern, dabei vor allem auch praktische finanzielle
Solidarität mit den Belegschaften besetzter Betriebe in Venezuela. Dafür habe
ich mich auch bei Betriebsbesuchen und Gesprächen mit deutschen Gewerkschaftern
stark gemacht." (Hermann Albrecht, El Topo Obrero/El Militante, im
Interview mit