Solidarität mit den besetzten
Betrieben in Venezuela
Eine weitere Gefahrenquelle
für den revolutionären Prozess geht von der von den Bürgerlichen systematisch
betriebenen Wirtschaftssabotage aus. Das Ziel der reaktionären Kräfte ist es,
durch die Sabotage der Wirtschaft das Land auch politisch zu destabilisieren.
Und das vor dem Hintergrund einer von der internationalen Krise der
Weltwirtschaft ohnedies schon stark geschwächten Volkswirtschaft.
Im Dezember 2002/Jänner 2003 hatte diese
Politik der verbrannten Erde ihren ersten Höhepunkt erreicht. Damals wollten
die Kapitalisten vor allem die staatlichen Erdölbetriebe lahm legen. Dabei
hatten sie jedoch die Rechnung ohne den Wirt, sprich die Erdölarbeiter,
gemacht. Ausgehend von der Jose-Raffinerie im Osten des Landes organisierten
sich die Arbeiter und schafften es die Erdölanlagen unter ihrer eigenen
Kontrolle wieder in Betrieb zu setzen. Unter Arbeiterkontrolle wurde binnen
weniger Wochen die Produktion weitergeführt.
Doch nicht nur in diesem absolut zentralen
Bereich der venezolanischen Volkswirtschaft zeigten die fortgeschrittensten
Teile der Arbeiterklasse ihre ganze Kraft. Denn die Angriffe waren auch in der
Privatwirtschaft ähnlich heftig. Die Unternehmerweigerten sich Löhne
auszubezahlen, entließen ArbeiterInnen und drohten mit Fabrikschließungen. In
mehreren Betrieben reagierten die Belegschaften damit, dass sie ganz einfach
die Kontrolle im Unternehmen übernahmen.
Gegenwärtig ist die Lage in diesen Betrieben
aber äußerst kritisch, weil es an allen Ecken und Enden an den nötigen
materiellen Ressourcen fehlt. Zusehends werden diese Betriebe jedoch zu einem
Fokuspunkt des revolutionären Prozesses. Unterstützung kommt von linken
Gewerkschaftern, Stadtteilorganisationen und revolutionären Gruppen wie die
marxistische Strömung CMR rund um die Zeitschriften El Topo obrero und
ElMilitante. Aufgrund des Drucks von der Basis hat die Regierung nun im
Arbeitsministerium auch eine eigene Kommission für „Arbeitermitbestimmung“
eingerichtet, in der auch Genossen der CMR mitarbeiten, und deren Ziel es ist,
Unterstützung für die besetzten Betriebe zu organisieren.
Derzeit stehen rund 100-200 Betriebe in
Arbeitskämpfen gegen Massenentlassungen oder Umstrukturierungen. 5 davon wurden
von den ArbeiterInnen besetzt. Doch es ist wahrscheinlich, dass bald weitere
folgen werden.
Während in den Fabriken Constructora
Nacional de Válvulas (CNV), Industrial de Perfumes Christian Carol
and Textiles Fénix die Besetzung weitergeführt wird, zeichnet sich bei
VENEPAL eine Lösung ab. Auf Druck von Teilen der Armee, die mit der Revolution
sympathisieren, wurde die Produktion unter Arbeiterkontrolle wieder
aufgenommen. Bei CODIMA, wo der Kampf bereits aussichtlos schien und die
ArbeiterInnen am aufgeben waren, arbeitet die oben erwähnte Kommission an einer
Lösung, die zumindest einen Teilerfolg darstellen würde. CODIMA soll vorerst in
eine Genossenschaft umgewandelt werden, wobei die ArbeiterInnen mit einem
zinslosen Kredit seitens der Regierung die bereits zur Versteigerung freigegebenen
Maschinen kaufen können. Das würde der Broschüre zumindest eine Verschnaufpause
geben.
Die ArbeiterInnen bei VENEPAL, die derzeit in
einer relative privilegierten Situation sind, unterstützen dabei aktiv den
Kampf ihrer KollegInnen in den anderen besetzten Betrieben und sammeln Geld für
diese. Die marxistische Strömung CMR hat zu Jahresbeginn eine Kampagne zur
Unterstützung der besetzten Betriebe gestartet. In Venezuela selbst aber auch
international hat diese Soli-Kampagne bereits ein beachtliches Echo erhalten.
So wurden bei einer Veranstaltungsreihe in Dänemark, Österreich und Deutschland
mehr als 2500 Euro gesammelt. Weitere Initiativen folgen nun u.a. in Belgien,
Frankreich.
Entscheidend wird aber sein, ob es in Zukunft
gelingen wird, diese Bewegung vorwärts zu treiben. Auf Initiative der
marxistischen Strömung haben die ArbeiterInnen der besetzten Betriebe ein sehr
radikales Programm beschlossen. Ihre zentrale Losung lautet Verstaatlichung der
besetzten Betriebe unter Arbeiterkontrolle. Es wurden auch bereits erste
Schritte zur Vernetzung und zur engeren Zusammenarbeit zwischen den Fabriken
gesetzt. Jetzt gilt es den Druck auf die Regierung zu erhöhen, damit sie dieses
Programm unterstützt und in die Tat umsetzt.
Hermann Albrecht (Corriente Marxista Revolucionaria – El Militante – El
Topo Obrero)