Nun ist es
fix. Wie zu erwarten gab die ÖIAG am 5. September die restlichen öffentlichen
Anteile an der voestalpine zur Privatisierung frei. Die 12.000-Glieder-starke
Menschenkette tags zuvor in Linz, die dies zu verhindern versuchte, blieb
fruchtlos. Es sollte ein historischer Tag werden – seit Jahren wieder die erste
gewerkschaftliche Aktion in der oberösterreichischen Landeshauptstadt.
An sechs
verschiedenen Punkten sammelten sich am Nachmittag des 4. Septembers
VoestlerInnen, Angestellte aus dem Gesundheitsbereich, ÖBBlerInnen,
PostlerInnen, GewerkschafterInnen und
viele andere, denen die Privatisierung ein Dorn im Auge ist. Die Zeit bis zur
Schließung der Kette wurde mit Reden von Betriebsräten und
Gewerkschaftsfunktionären überbrückt. Vom Podium herab klangen alles andere als
kämpferische Töne. Beim Treffpunkt VOEST
beschränkten sich die Redner auf Forderungen wie „25 % plus eine Aktie“
(Sperrminorität) und „10 % MitarbeiterInnenbeteiligung“, und ließen mit
Aussagen wie „die VOEST als modernstes Stahlwerk Europas“ die Herzen der
VoestlerInnen höher schlagen. Doch ist z.B. die Losung einer
MitarbeiterInnenbeteiligung eine äußert gefährliche. Die ArbeitnehmerInnen
machen sich dadurch stärker von der wirtschaftlichen Situation ihres Betriebes
abhängig und außerdem können sie selbst mit einem Anteil von 10 % des
Aktienkapitals keine eigenständige Rolle in der Unternehmensführung spielen.
Und mit einer staatlichen Kernaktionärsschaft ist das Ziel auch noch lange
nicht erreicht, denn die Angriffe auf den Lebensstandard der gesamten
Arbeitnehmerschaft würden weitergehen.
Als die
Kette dann geschlossen wurde, wurden (wenn auch etwas halbherzig) verschiedene
Straßen, an denen die Menschenkette vorbeiführte, gesperrt. Von Zeit zu Zeit
sausten Motorräder vorbei – auf dem Rücksitz Betriebsräte mit einem Megaphon in
der Hand, die versuchten die Stimmung aufzuheizen. Nach einer viertel Stunde
ertönte das Schlusssignal und die Teilnehmer wurden mit Bussen in die
Innenstadt zum Landhaus gekarrt, wo man/frau weiteren Reden lauschte. Den
Abschluss bildete ein Lichtermeer an Spritzkerzen.
So sehr es
auch erfreut, dass die Gewerkschaft gegen die Privatisierung mobil macht: Mit
einer Menschenkette alleine können Privatisierungen nicht gestoppt werden, wie
das Beispiel VOEST zeigt. Die Gründe für ein solches Vorgehen sitzen tief,
nämlich in der wirtschaftlichen Krise des Systems. Das Kapital versucht
den fallenden Profiten entgegenzuwirken durch verstärkte Ausbeutung auf
betrieblicher Ebene, durch Umverteilung von unten nach oben mit steuerlichen
Maßnahmen, durch Bildungs- und Sozialabbau und durch die profitmäßige
Bewirtschaftung bisher öffentlicher Dienstleistungen. Dagegen vorzugehen
erfordert härtere Maßnahmen. Schließlich geht es den Bürgerlichen auch darum
die Gewerkschaftsmacht in den gut organisierten Bereichen wie VOEST, ÖBB, Post
und Telekom zu brechen. Ein entschlossener Streik in diesen Bereichen kann alle
Privatisierungspläne zunichte machen.