Ein Beitrag aus der aktuellen Antifa - Broschüre der Sozialistischen Jugend (www.jugendkaempft.com) zu den Hintergründen der rechtsextremen Skinheadbewegung in Vorarlberg. Erarbeitet gemeinsam mit dem KV Sägefisch.

 

Bestellung der Broschüre: unter sj-vlbg@jugendkaempft.com

 

Blood & Honour – Rechtsrock in Vorarlberg

 

Die Entstehung der Vorarlberger Skinheadszene

 

Bereits seit Ende der 80er – Jahre existiert in Vorarlberg eine größere rechtsextreme Skinheadszene. Die Entstehung dieser Szene ist u.a. auf die Lage Vorarlbergs im Dreiländereck und auf Einflüsse aus Süddeutschland zurückzuführen [1]. Von Beginn an bestanden deshalb gute Kontakte zu Skinheadgruppen in Deutschland, später auch der Schweiz. Die Vernetzung rechtsextremer Skinheads in der Bodenseeregion wurde mit regelmäßigen Treffen „institutionalisiert“, die zeitweise in Deutschland [2], zeitweise in Lustenau [3] stattfanden.

 

In den 90er – Jahren sorgten Vorarlberger Skinheads vor allem durch Übergriffe auf Punks, Linke und ausländische Jugendliche für Schlagzeilen[4]. Kaum öffentlich wahrgenommen wurde dagegen eine extrem Häufung von Bränden in Ausländerwohnheimen in Vorarlberg 1993. Bis heute sind einige Brände ungeklärt, andere wurden zwar als Brandanschläge mit Molotowcocktails erkannt, die Täter(Innen) jedoch nie gefasst. Die ErmitlerInnen verwendeten rasch die Floskel „ausländerfeindliche oder politische Motive sind auszuschließen.[5] Eine von Franz Valandro interviewte Aussteigerin aus der Skinheadszene bestätigt zumindest, dass über Brandanschläge diskutiert wurde: „Diese Treffen (zwischen Vorarlberger, Schweizer und deutschen Skins) haben eine Zeitlang regelmäßig, ein bis zweimal im Monat, in Lustenau stattgefunden. Da war auch die Rede von Brandstiftungen. Wenn`s in Lustenau dann tatsächlich gebrannt hat, war die Berichterstattung darüber meistens ziemlich dubios.[6]

 

Neben den Kontakten zu KameradInnen in Deutschland und der Schweiz hatten Vorarlberger Skinheads punktuell auch Kontakte zum Ring Freiheitliche Jugend (RFJ), der Jugendorganisation der FPÖ. 1991 animierte ein RFJ-Mitglied zwei Skinheads aus dem Raum Bregenz zu Sprühaktionen, bei denen Sprüche wie „Türken sind Dreck, Dreck muß weg“ oder „Türkische Dealer hängen“ gesprayt wurden. [7] Jörg Haider selbst holte bei einer Wahlkampfveranstaltung 1991 die Skinheads mit den Worten „lasst meine Kameraden herauf“ [8] auf die Bühne. Seine Wahlkampfveranstaltung in Feldkirch 1996 wurde von 60 Skinheads besucht.

 

Gegen Ende der 90er-Jahre ging die Zahl der rechtsextremen Übergriffe zurück. Dies ist aber nicht etwa auf eine Schwächung der Vorarlberg Skinheadszene zurückzuführen, vielmehr haben sich die Organisations- und Altersstrukturen [9] der Szene verändert. Wie stark die Vorarlberger Skinheadszene zahlenmäßig wirklich ist, ist seit jeher zwischen der Sicherheitsdirektion und dem Innenministerium umstritten – die veröffentlichten Zahlen widersprechen sich sogar. Die Sicherheitsdirektion betonte immer wieder, dass „diese Gruppierungen nicht straff organisiert (sind) und keiner militanten rechtsextremen Szene pauschal zugeordnet werden (können)“ [10]. Sicherheitsdirektor Dr. Elmar Marent ging 1998 sogar noch soweit, rechtsextreme Skinheads als „apolitische Krawallbrüder“ [11] zu bezeichnen – dies ist auf Grund der auch damals bestehenden internationalen Vernetzung und der Organisationsversuche der Szene bei bestem Willen nicht mehr nachvollziehbar und verharmlosend. Mit der Organisierung der Vorarlberger Skinheadszene bei Blood&Honour und den daraufhin entfalteten Tätigkeiten der „apolitischen Krawallbrüder“ [12] hat sich dies drastisch geändert: „wir müssen aufpassen, dass Vorarlberg nicht zum Tummelplatz für Rechtsextreme aus dem Ausland wird.“ [13] Eine späte Einsicht…

 

 

Blood&Honour

 

1996 scheiterte ein erster Versuch Vorarlberger Skinheads, sich in festen Strukturen zu organisieren. Der im Frühjahr 1996 gegründete Verein „Skinheads Vorarlberg – Verein zur Erhaltung der kulturellen Merkmale der Skinheadbewegung“ wurde bereits im September 1996 wegen Pflege und Verbreitung nationalsozialistischem Gedankengutes wieder aufgelöst, nachdem im Zuge behördlicher Maßnahmen Mitgliederlisten mit der Aufschrift „88 White Power“ gefunden worden waren. [14]

 

Bereits 1997 entstand deshalb die Idee, eine Vorarlberger Blood&Honour – Sektion zu bilden. Die Umsetzung konnte allerdings auf Grund eines „längeren Aufenthalts im Knast[15] erst Ende 1998 in Angriff genommen werden. Die Organisierung in diesem losen rechtsextremen Musiknetzwerk hat für die Skinheads vor allem den Vorteil, dass Blood&Honour nicht einfach so verboten werden kann. Die Gruppe ist nämlich nicht als Verein organisiert, ihre behördliche Auflösung deshalb umso schwieriger. In Österreich existieren Sektionen von Blood&Honour in Vorarlberg, Tirol, (Südtirol) und Wien. Einer Skinheadgruppe aus der Steiermark verweigerte die „Blood&Honour – Division Österreich“ die Aufnahme in das Netzwerk [16]. Damit ist Blood&Honour derzeit die einzige bundesweit organisierte Skinheadgruppe.

 

 

Was ist Blood & Honour?

 

Blood&Honour ist ein international agierendes rechtsextremes Musiknetzwerk, das sich aus KonzertveranstalterInnen, Bands, Fanzines, Szene-Läden etc. zusammensetzt. Die Gründung dieses Netzwerkes im Jahre 1987 geht auf den bei einem Autounfall 1993 verstorbenen Skrewdriver – Sänger Ian Stuart Donaldson [17] zurück. Mittels Musik sollen gezielt nationalsozialistische Inhalte an Jugendliche herangetragen werden - mit Erfolg, wie die Entwicklung der rechtsextremen Musikbranche in den letzten 15 Jahren verdeutlicht. Blood&Honour ist inzwischen in den meisten europäischen Ländern aktiv, musste aber immer wieder Rückschläge wie Spaltungen und Verbote hinnehmen. Die Auseinandersetzungen innerhalb der Rechtsrockszene eskalierten sogar soweit, dass es zu Bombenanschlägen und Morden kam. Hier ist vor allem die britische Naziterrorgruppe „Combat 18“ [18] zu nennen, die ab etwa 1992 das britische Blood&Honour – Netzwerk vier Jahre lang beherrschte und auch vor Gewalt gegen GesinnungsgenossInnen nicht zurückschreckte. Inzwischen berufen sich auf Ian Stuart Donaldson weltweit C18 – nahestehende (und terrorbefürwortende) und C18 – ablehnende Blood&Honour – Gruppen.

 

Die etwa 350 AktivistInnen umfassende „Blood&Honour Division Deutschland“ [19] wurde im Herbst 2000 behördlich verboten. Bei einer Welle von Hausdurchsuchungen beschlagnahmte die Polizei zahlreiche einschlägige CD´s, Fanzines, T-Shirts, Adressen und Geld. Trotzdem konnte das Netzwerk weiter agieren, nahezu die selben Personen organisieren weiterhin Konzerte und Labels. Allerdings löst die deutsche Polizei vermehrt rechtsextreme Musikkonzerte auf und auch das Magazin der Blood&Honour – Division Deutschland kann nicht weiter verbreitet werden. Nicht zuletzt das härtere Vorgehen gegen Rechtsrock-Konzerte in Deutschland macht Vorarlberg als Veranstaltungsort umso attraktiver.

 

Begründet wurde das Verbot damit, dass sich Blood&Honour gegen die „verfassungsmäßige Ordnung“ richte und sich „zu Hitler und führenden Nationalsozialisten“ bekenne. Die Organisation vertrete eine „rassistische und antisemitische Ausrichtung“ und propagiere eine „Abschaffung der parlamentarischen Demokratie zugunsten eines Führerstaates nationalsozialistischer Prägung“ [20].

 

Ideologisch ist Blood&Honour eindeutig rechtsextrem einzuordnen, wichtige Fragmente ihrer Ideologie sind Rassismus, Antikommunismus, positiver Bezug auf den Nationalsozialismus und Antisemitismus. Letzterer äußert sich oftmals in „Codes“ wie der Verwendung von „ZOG“, was für „zionist occupied governement“ steht und für alles mögliche verantwortlich gemacht wird. Seit dem Verbot in Deutschland wird die Zahlenkombination „28“ als Code für Blood&Honour verwendet. Geläufig ist außerdem der Ausdruck „Barny&Homer“.

 

Die Bewegung ist elitär ausgerichtet, d.h., dass nicht jedeR einfach so bei Blood&Honour Mitglied werden kann. Teilweise müssen Probezeiten absolviert werden, „Saufskins“ etc. sollen so aus dem Netzwerk ferngehalten werden. Eine noch stärkere elitäre Ausrichtung vertritt das zweite große Nazimusiknetzwerk, die „Hammerskins“ [21]. Zwischen den beiden Gruppen gibt es immer wieder Rivalitäten und sogar Auseinandersetzungen bis hin zu Massenschlägereien bei Konzerten. So besteht etwa Blood&Honour Schweiz zu einem Teil aus bei den Hammerskins abgelehnten Mitgliedern – mit entsprechenden Folgen…

 

 

Aktivitäten von Blood & Honour Österreich

 

In Österreich tritt Blood& Honour seit 1998 in Erscheinung. Bislang wurden mehrere Konzerte – hauptsächlich in Vorarlberg – organisiert und zwei Ausgaben des Magazins der „Blood&Honour – Division Österreich“ verbreitet. Eine weitere Doppelausgabe (Nr. 3 & 4) wird zwar bereits seit längerem angekündigt, konnte aber wegen Problemen noch nicht gedruckt werden. Von Bedeutung ist dies vor allem, weil das Hochglanzmagazin derzeit das einzige deutschsprachige Blood&Honour-Fanzine ist.

 

Politisch tritt Blood&Honour jenseits des Magazins in Österreich kaum in Erscheinung, d.h., dass im nennenswerten Umfang weder Aufkleber und Flugblätter verteilt noch Demonstrationen organisiert werden. Dagegen beteiligte sich Blood&Honour Wien an der Kundgebung gegen die Wehrmachtsausstellung am 13.4.2002 auf dem Heldenplatz und pflegt Kontakte zu anderen rechtsextremen Gruppen. In Vorarlberg organisierte Blood&Honour bereits mehrfach einen Trauermarsch für „Franky“ [22], der nach einer Verhaftung beim Fußballmatch FC Tirol gegen Schwarz-weiß Bregenz 1999 Selbstmord verübt hatte. Dabei handelte es sich jedoch um stille Protestmärsche ohne Transparente und Sprechchöre, weshalb sie nicht als rechtsextreme Demonstrationen eingestuft werden können. An diesen Trauermärschen beteiligten sich zwischen 50 und über 100 Skinheads, zu Zwischenfällen kam es nicht.

 

Inhalte des Blood&Honour Division Österreich Magazin:

 

Das Magazin wird zum größten Teil von der Wiener B&H-Sektion gemacht, die anderen Sektionen steuern einzelne Artikel bei. In den ersten beiden Ausgaben des Magazins 1999 erschienen Artikel zu: B&H Vorarlberg [23], Wissenswertes über die Germanen, Dienstgrade der Wehrmacht, Judenfahne über Europa, Deutschlands umkämpfte Farben, Sturmbannführer Walter Reder, Leibstandarte Adolf Hitler usw. sowie zahlreiche Konzertberichte und Bandinterviews.

 

Wichtiger als ihr derzeit nur schwaches politisches Auftreten ist das Engagement von Blood&Honour im rechtsextremen Musikbereich. Dazu gehört das Organisieren von Skinheadkonzerten und rechtsextremen Balladenabenden ebenso wie die Bildung eines eigenen Klubraums in Vorarlberg oder das Engagement der Vorarlberger Skinheadband Tollschock.

 

 

Rechtsrock in Vorarlberg

 

Blood&Honour ist in Vorarlberg seit 1998 aktiv. Die Gruppe zählt etwa 10 – 15 AktivistInnen und eine größere Anzahl von SympathisantInnen [24]. „Wir halten unsere Sitzungen wöchentlich ab und machen T-Shirtgestaltungen, Beratungen, Konzertplanungen, Partievorbereitungen...[25] heißt es in der Selbstbeschreibung der B&H Sektion Vorarlberg von 1999. 

 

Das erste Mal trat die Gruppe als „Blood&Honour“ öffentlich 1999 beim Trauermarsch für „Franky“ in Erscheinung. Die Demonstration mit rund 50 TeilnehmerInnen aus Vorarlberg, Tirol und Deutschland verlief friedlich. Anschließend brachten die Skinheads ein Transparent mit dem Inhalt „Franky - Von der Justiz in den Tod getrieben“ [26] beim Bregenzer Stadion an, das prompt von linksgerichteten FC-Tirol-Fans entfernt wurde. Im Staatsschutzbericht 1999 hieß es noch: „Die Szene in Vorarlberg macht sich vorwiegend bei Fußball- und Eishockey-Spielen bemerkbar“ [27]. Doch bereits ein Jahr später fand das erste große Rechtsrockkonzert in Vorarlberg statt, dem inzwischen einige weitere folgten.

 

Die Problematik mit rechtsextremen Konzerten in Vorarlberg wird durch die gute Vernetzung der rechtsextremen Szene im Bodenseeraum weiter verschärft. So kommen bei den Konzerten Faschos aus der gesamten Region zusammen. Wird ein Konzert z.B. in Deutschland im Vorfeld (polizeilich) verhindert, versuchen die Skinheads in einem der anderen Bodenseestaaten einen Ersatzort zu finden. [28]

 

Das erste große Rechtsrockkonzert Westösterreichs fand am 26.8.2000 in Koblach mit den Bands Hate crime, Extreme hatered, Faustrecht und Tollschock statt. Die Skinheads gingen dabei so konspirativ vor, dass die Sicherheitsbehörden erst kurz vor dem Konzert davon erfuhren. Da der Konzertort mit dem Lokal „Route 66“ mitten in einem beliebten Lokalviertel (u.a. ein Punklokal, Diskotheken…) lag, sperrten einigen Wirte für diesen Tag kurzerhand zu. Ihren Umsatzausfall gaben sie mit über 20.000.- € an, der Polizeieinsatz schlug mit etwa 35.000.- € zu Buche. [29] Am Nachmittag vor dem Konzert fand der erste Trauermarsch von etwa 50 Skinheads für „Franky“ statt. Ein Teil der Skinheads war einheitlich „uniformiert“: mit schwarzen T-Shirts und dem Logo von Blood&Honour Österreich…

 

Am 23.12.2000 kam es ebenfalls in Koblach zu einem organisierten Überfall auf das als Punktreffpunkt bekannte Lokal „Rast(h)aus“. Ein Rollkommando von 22 Skinheads aus Deutschland, Österreich und der Schweiz [30] griff gegen drei Uhr früh mehrere Punks und Gäste mit Stühlen, Aschenbechern und Tischen an. Dabei wurden vier der zehn anwesenden Gäste verletzt, zwei von ihnen mussten mit schweren Gesichts- und Kopfverletzungen in das Landeskrankenhaus Feldkirch eingeliefert werden. Das gerichtliche Nachspiel für acht Skinheads endete in erster Instanz mit fünf Freisprüchen und drei Geldstrafen zwischen 350.- € und 1.300.- €. [31] Die Angeklagten hatten sich gegen den Vorwurf eines organisierten Überfalls damit verteidigt, nur zufällig in dem Lokal gewesen zu sein. Nach einer Berufung durch den Staatsanwalt wurden die Urteile deutlich verschärft: sechs Angeklagte wurden zu unbedingten Geldstrafen zwischen 200 und 360 Tagessätzen verurteilt. [32]

 

Knapp ein Jahr nach dem Konzert in Koblach folgte am 4.8.2001 ein weiterer Trauermarsch mit etwa 100 Skinheads in Bregenz. Anschließend trafen sich die Faschos in Fußach zu einem Konzert, an dem offiziell etwa 250 Skinheads, nach anderen Angaben aber bis zu 500 Personen teilnahmen. [33] Das Konzert verlief erneut ohne Zwischenfälle, es spielten die Bands Tollschock, Noie Werte, Razors edge und Stromschlag.

 

Inzwischen hat sich Blood&Honour Vorarlberg etabliert und gefestigt. Im Jahr 2002 fanden bereits mehrere Rechtsrock-Konzerte statt. Zudem verfügte die Gruppe zumindest zeitweise über einen eignen Klubraum in Rankweil, der für regelmäßige wochenendliche Treffen von bis zu 50 Skinheads genutzt wurde. Im Sommer 2002 wurde der Klubraum geschlossen [34], was vermutlich nur vorübergehend so bleiben wird…

 

Bei einem Konzert am 30.3.2002 mit den Bands Racewar, Natural born haters, Extreme hatred, Intimidation one [35] und Stoneheads kam es unter den BesucherInnen zu einer Massenschlägerei, an der rund 50 Skinheads beteiligt waren. [36] Nichts desto trotz fand bereits am 6.4.2002 das nächste Konzert in Vorarlberg statt. Diesesmal trafen sich Faschos aus der gesamten Region auf einem Partyschiff am Bodensee, um in der Folge zu einem Treffen bei Rankweil zu fahren.

 

Das bislang mit Abstand größte Konzert in der gesamten Region ging am 12.10.2002 offiziell ohne Zwischenfälle über die Bühne. [37] Rund 1.000 Nazi-Skins aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und Tschechien trafen sich in einem riesigen Partyzelt auf einem Privatgrundstück bei Hohenems. Die VeranstalterInnen richteten von naheliegenden Parkplätzen einen Shuttle-Bus-Dienst zum Konzertort ein, die Polizei kontrollierte Autos in der gesamten Umgebung. Bei Lindau beschlagnahmten die Grenzbehörden rund 70 CD´s und 15 Kassetten, während auf dem Konzert selbst Verkaufsstände rechtsextreme Musik anboten. [38] Jener Landwirt, der den Skinheads sein Grundstück verpachtet hatte, sieht sich im Nachhinein geneppt: "Es war nur vom kleinen Fest eines Dart-Clubs für 100 Personen die Rede!" [39]

 

Dass solche Konzerte auch Ausgangspunkte für Übergriffe und Krawalle sein können, hat sich z.B. nach dem Verbot von Blood&Honour in Deutschland immer wieder gezeigt. Dort griffen Faschoskinheads mehrfach PolizeibeamtInnen an, als diese verbotene Konzerte auflösen wollten [40]. In der Schweiz endete ein großes Rechtsrock-Konzert im Raum Zürich mit Massenschlägereien und zahlreichen schwerer verletzten KonzertbesucherInnen. [41] Und Blood&Honour Tirol und Vorarlberg mischten kräftig mit, als es am 13.1.2001 vor einem Konzert der Blood&Honour Sektion Südtirol zu Auseinandersetzungen mit italienischstämmigen Skinheads des „Fronte Veneto“ kam. Die Polizei konnte durch ihr Eingreifen eine Massenschlägerei zwischen den 40 italienischsprachigen Skinheads und dutzenden KonzertbesucherInnen gerade noch verhindern. Grund für die Auseinandersetzung zwischen deutsch-neonazistischen und den italienisch-faschistischen Skinheads: die Südtirolfrage [42]. Am 20.2.2001 durchsuchte die Staatsanwaltschaft bei einer Aktion gegen Blood&Honour Südtirol 23 Wohnungen und nahm 12 Skinheads in Untersuchungshaft. Weitere acht Jugendliche wurden auf freiem Fuße angezeigt. Grund für die Verhaftungen waren „aufrührerische Ausrufe oder Äußerungen“ [43] und andere Gesetzesverstöße sowie die Beteiligung der Verhafteten an der Schlägerei vom 13.1.2001. Unter ihnen befand sich auch ein deutscher Rechtsextremist, der bereits seit Jahren in der Umgebung von Innsbruck wohnte und Blood&Honour Tirol mitorganisierte. Seit dieser Verhaftungswelle ist es um Blood&Honour in Südtirol ruhiger geworden, die bis dahin aktive Band „Südfront“ gilt als aufgelöst.

 

Neben den von Blood&Honour organisierten Konzerten existieren in Vorarlberg derzeit zwei Fascho-Skinheadbands [44], die regelmäßig im In- und Ausland auftreten.

 

 

Rechtsrock aus Vorarlberg

 

Von den drei bekannten Rechtsrock-Bands aus Österreich kommen zwei aus Vorarlberg. Neben der bereits seit Jahren aktiven Wiener Band „Schlachthaus“ konnten sich in den letzten beiden Jahren die Vorarlberger Bands „Tollschock“ und „Stoneheads“ durch Auftritte etablieren. Tollschock brachte zudem eine Musikkassette und eine CD heraus. Bei Blood&Honour Österreich gibt es außerdem Bestrebungen, einen eigenen B&H – Sampler zu produzieren [45]

 

Die Band Tollschock (in ihrer Anfangszeit „Prollschock“) brachte es in den letzten beiden Jahren auf rund ein Dutzend Konzerte in der Schweiz, Deutschland, Südtirol und Österreich. Zumindest Teile der Band sind direkt bei Blood&Honour organisiert [46] und nützen entsprechend die geknüpften Kontakte für Konzerte in Österreich. Die Band konnte jahrelang städtische Proberäume in Lustenau nutzen.

 

Die von Tollschock produzierte Musikkassette „Der erste Schock“ umfasst mit dem Intro acht Lieder und wurde bei einigen rechtsextremen Musikversanden vertrieben. Im Jahr 2002 brachte die Band dann in Eigenregie ihre erste CD mit 18 Liedern und 72 Minuten Gesamtlänge heraus. Die CD „Outlaw melodies“ erschien mit einem umfangreichen Booklet und ist u.a. beim Wikingerversand, Backstreet noise, Asgardversand oder Front records erhältlich. Inzwischen ist die Band auch gerngesehener Interviewpartner bei diversen Skinheadfanzines wie etwa dem „Donnerschlag“ (Nr.8), „Violence“ (Nr.4), „Der Foiersturm“ (Nr.9) oder dem Hochglanzrechtsrockmagazin „Rock Nord“ (Nr.63/64/65).

 

Auch Stoneheads haben es inzwischen zu einigen Auftritten im benachbarten Ausland und in Vorarlberg gebracht. Zwar gibt es von dieser Band noch keine CD, eine Split CD mit der Band „Final war“ ist jedoch geplant. [47]

 

 

Literatur:

 

 

Fußnoten:

 

[1] Die Skinhead-Subkultur kann nicht pauschal als „rechtsextrem“ eingestuft werden, da es – auch in Vorarlberg – viele unpolitische (Oi-Skin, Sharp-Skin) oder sogar linksextreme (Redskins, Anarchoskins) Skinheads gibt. Wenn in diesem Artikel von Skinheads gesprochen wird, dann sind ausschließlich rechtsextrem Fascho-Skins gemeint! Auf Ende der 80er-Jahre datiert ein Skinhead-Aussteiger das Aufkommen von Skinheadgruppen in Bregenz, auf 1988 der Vorarlberger Sicherheitsdirektor Dr. Elmar Marent (Valandro S.93).

[2] White Noise S.86

[3] Valandro S.98

[4] Die zahlreichen rechtsextremen Übergriffe reichten von verprügelten Antifas oder AusländerInnen bis hin zu Massenschlägereien mit dutzenden Skinheads. Siehe dazu Valandro, VN, NEUE

[5] Valandro S.97 – 1992/1993 gab es auch zahlreiche rechtsextreme Brandanschläge in Deutschland

[6] Valandro S.98

[7] Valandro S.109

[8] Valandro S.109

[9] Dies ist nicht zuletzt deshalb relevant, weil ältere Skinheads mit Vorstrafen, fester Freundin etc. durch Schlägerein mehr riskieren als 15jährige NeueinsteigerInnen und sich deshalb mit Gewalt stärker zurückhalten.

[10] Valandro S.102

[11] NEUE 17.1.1998, zitiert nach Franz Valandro S.103

[12] Bei den jetzigen Blood&Honour – AktivistInnen handelt es sich zum Teil um den selben Personenkreis wie 1998

[13] Sicherheitsdirektor Dr. Elmar Marent in der VN vom 14.10.2002

[14] Valandro S.99f

[15] B&H-Österreich - Magazin Nr.1/1999 S.3

[16] B&H-Österreich - Magazin Nr.2

[17] Ian Stuart Donaldson wurde 1958 in Poulton-le-fylde nahe Blackpool in Lancashire geboren. Die Band Skrewdriver gründete er 1975 zusammen mit Freunden aus seinem Gymnasium unter dem Namen „Tumbling Dice“. Einige Jahre später änderte er den Namen in Skrewdriver. Als Blood&Honour 1987 gegründet wurde, kam Donaldson gerade wegen Körperverletzung an einem Schwarzen aus dem Gefängnis. Ian Stuart war als führender Kopf der Naziskinheadszene für die „National Front“ aktiv, ehe sich seine Band Skrewdriver 1987 vom NF-nahen „White Noise“ – Zine löste und zusammen mit anderen Bands das Netzwerk „Blood&Honour“ gründete. Er und Skrewdriver haben auch heute noch Kultcharakter in der rechtsextremen Skinheadszene, es werden regelmäßig „Ian Stuart memorials“ veranstaltet. Donaldson verstarb am 23.September 1993 bei einem Autounfall auf der A38 bei Derbyshire. Seitdem gibt es Gerüchte, dass die IRA (Irisch Republikanische Armee) ihre Finger bei dem Unfall im Spiel hatte. Einer der bekanntesten Skrewdriver – Hits hieß „Smash the IRA“.

[18] 18 steht für den ersten und achten Buchstaben im Alphabet, also Adolf Hitler

[19] Etwa 240 AktivistInnen bei Blood & Honour und 100 bei der Jugendorganisation „White youth“

[20] Zitate nach: Jungle World, 27.9.2000: Es rockt weiter

[21] Die „Bruderschaft der Hammerskins“ entstand 1986 in Dallas in den USA. Ihr Symbol sind zwei gekreuzte Zimmermannshämmer. Die Bewegung breitete sich Anfang der 90er-Jahre auch nach Europa aus und fand vor allem in der Schweiz,  aber auch in Deutschland eine aktive Anhängerschaft. In Österreich traten die Hammerskins bislang nicht in Erscheinung. Die Hammerskinheads sind durch ihr extremes Elitenbewusstsein und ihre hohe Gewaltbereitschaft gekennzeichnet. Ihre Gewaltbereitschaft verglichen Schweizer Hammerskins im Fernsehfilm „Skin or die“ mit SA & SS: während die „normalen“ Skinheads oft im Zusammenhang mit Alkohol für den Terror auf der Straße sorgen (ähnlich SA), bezeichneten sie sich im Interview als „brutal“: Ihre Gewalt sei geplant und gezielt und kein Zufallsprodukt nach Wirtshausbesuchen. Die Hammerskinheads sind ähnlich wie Blood&Honour in erster Linie beim Organisieren von Konzerten und der Herausgabe von Fanzines aktiv.

[22] „Die in unseren Augen ungerechte Verhaftung der beiden Kameraden, die mit dem tragischen Tod einer der beiden Inhaftierten endete, brachte uns auf die Idee, einer friedlichen Trauermarsch zu organisieren. (Rechtschreibfehler im Original)“

[23] U.a. mit „Gruß auch noch nach Graz dem BBA Kämpfer Franz F.“ und einer „Antifa zerschlagen“ - Grafik

[24] Diese Zahl deckt sich sowohl mit der Eigenbeschreibung der Sektion, als auch mit einer Anfragebeantwortung des Vorarlberger Sicherheitslandesrats Schwärzler vom 18.12.2000. 

[25] Blood&Honour Österreich Magazin Nr.1

[26] Blood&Honour Österreich Magazin Nr.2

[27] Österreichischer Staatsschutzbericht 1999, S.35

[28] Im März 2002 sollte ein Konzert in Feldkirch stattfinden, das aber verhindert/abgesagt wurde. Das Konzert fand zwei Wochen später in der Ostschweiz statt...

[29] ORF Vorarlberg heute, 27.28.8.2000

[30] Ein  Teil der Boneheads  stammte aus dem Raum Feldkirch, einer hatte nach Zeugenaussagen ein Blood&Honour – T – Shirt an.

[31] Richter Christian Röthlin bezeichnete das Urteil selbst als „unbefriedigend“

[32] Neue, 5.4.2002: „Tatsächlich kam Richterin Sonja Nachbaur zu der Ansicht, dass die Schlägerei "sehr wohl abgesprochen war, und zwar für alle schlüssig erkennbar“. Ich konnte leider nicht herausfinden, ob das Urteil inzwischen rechtskräftig ist.

[33] Blood & Honour England Magazin 23

[34] Vermutlich auf Grund baupolizeilicher Maßnahmen. Es ist mit einer Neueröffnung der alten Räumlichkeiten oder der Etablierung eines neuen Klubraums zu rechnen.

[35]"Intimidation One" singen Klartext, wie dies viele deutsche Bands, die Indizierungen vermeiden wollen, selten tun würden: "Hail Hitler, Leader of all White Men/In your memory the Glory will rise again.” Die vier Männer von der Westküste der USA gehören zu denen, die die Begleitmusik zu Mord und Totschlag liefern. Und das zuweilen sehr direkt: "I pull out my pistol, put a bullet in that nigger’s head", grölen sie.  http://www.bnr.de/aktuell_text.php3?&id=1149

[36] Die Schlägerei wurde in einem deutschen Fascho-Forum ausführlich diskutiert.

[37] „Inoffiziell“ berichten die Faschos in deutschen Foren von Schlägereien und Verletzten, sodaß mehrmals der Krankenwagen angefordert wurde.

[38] Ein deutsches Faschoforum

[39] NEUE Vorarlberger Tageszeitung, 22.10.2002

[40] http://www.klick-nach-rechts.de/gegen-rechts/2001/02/nazimusik.htm

[41] Das Konzert, bei dem u.a. Tollschock spielten, fand am 19.5.2001 im Großraum Zürich statt.

[42] Ist Südtirol nun deutsch oder italienisch? Blood&Honour Tirol meldete sich bei dem Konzert mit einem Flugblatt zu Wort. Nach dem Konzert forderten sie den Boykott italienischsprachiger Skingruppen: „Durch das zunehmende Auftreten der italienischen Skinheads in der südtiroler Szene, sehen sich Blood&Honour Tirol, Südfront (eine Band, um die sich Blood&Honour Südtirol formierte) und die nationalen Skinheads in Ost, -Nord- und Süd-Tirol gezwungen, gegen diese Provokationen vorzugehen. Wir können nicht länger zusehen, wie immer mehr Italiener zu unseren Konzerten und Partys kommen, Streitereien provozieren, uns beschimpfen und gegen unsere Ansichten hetzen. Deshalb rufen wir alle Tiroler Patrioten zum Boykott italienischer Konzerte und Partys auf, für Südtirol. Lasst es nicht zu, dass auch der letzte Tiroler Widerstand zusammenbricht. Süd-Tirol bleibt deutsch!!“

[43] Dolomiten online 21.2.2001

[44] In einem deutschen Fascho-Forum war noch von einer dritten Band die Rede, die bislang aber nicht öffentlich aufgetreten ist.

[45] Blood & Honour England Magazin 23

[46] Interview mit Tollschock im Fanzine „Donnerschlag“ Nr.8

[47] Ein Naziforum